Eisenbasis-Hartlegierungen
Für Eisenbasishartlegierungen sind die Legierungselemente Chrom und Kohlenstoff charakteristisch. Ihr Anteil beträgt meist etwa 10 bis 35 bzw. 2 bis 6 Gew.-%. Darüber hinaus sind am Aufbau der karbidischen Hartstoffphasen häufig die Metalle Wolfram, Molybdän und Vanadium beteiligt. Silizium, Mangan, Nickel und Kobalt treten als weitere Matrixmetalle in Erscheinung.
Bei Anwendungstemperaturen oberhalb 600 °C bietet ein kfz Grundgitter Vorteile. Die niedrige SFE des Austenits behindert den Ablauf der Entfestigungsvorgänge und verschiebt auf diese Weise die Rekristallisation zu höheren Temperaturen. Da die austenitische Metallmatrix gegenüber den harten Phasen einen deutlich geringeren Widerstand gegen Abrasion mitbringt, werden häufig Legierungen eingesetzt, die hohe Hartphasengehalte aufweisen.
Die austenitischen, hitzebeständigen Stähle zeichnen sich gegenüber den ferritischen durch bessere mikrostrukturelle Stabilität, höhere Warmfestigkeit und geringere Versprödungsneigung aus. Der Ni-Gehalt, welcher bis ca. 35 Gew-% beträgt, ist ausreichend zu wählen, damit das Gefüge im gesamten Temperaturbereich vollaustenitisch bleibt. Die Korrosionsbeständigkeit der Austenite hängt vom Cr-Gehalt ab, der zwischen etwa 18 und 30 Gew.-% variiert. Es bilden sich unter oxidierenden Bedingungen Deckschichten aus Spinellen der Art Ni(Cr, Fe)2O4 sowie nahezu reinem Cr2O3. Die Aufkohlungsbeständigkeit der hitzebeständigen austenitischen Stähle nimmt mit dem Ni-Gehalt zu. Bei den üblichen austenitischen Stählen ist die obere Temperatureinsatzgrenze demnach durch die Eigenschaften der Cr-Oxidschichten festgelegt. Abhängig von der Atmosphäre, den zyklischen Bedingungen sowie der geforderten Lebensdauer liegt diese bei etwa 900-1150 °C. Die hitzebeständigen Stähle konkurrieren mit den hoch Cr-haltigen Ni-Legierungen, mit denen sich eine vergleichbare oder bessere Hochtemperatur-Korrosionsbeständigkeit bei höherer Warmfestigkeit erreichen lässt.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass oberhalb 600 °C austenitische Stähle verwendet werden müssen, die folgende Vorteile gegenüber den Ferriten aufweisen:
- Im dichtest gepackten kfz γ-Gitter beträgt der Diffusionskoeffizient nur etwa 1/350 des Wertes im krz α-Gitter. Gleichermaßen nehmen die Kriechgeschwindigkeit sowie die diffusionskontrollierte Teilchenvergröberung ab.
- Die SFE ist mit rund 50 mJ/m2 deutlich geringer als die der krz Legierungen, welche bei etwa 300 mJ/m2 liegt. Sie läßt sich durch bestimmte Legierungselemente weiter reduzieren, wodurch die Kriechfestigkeit steigt. Ni übt allerdings einen gegenläufigen Effekt auf die SFE aus.
- Die Gehalte der Legierungselemente, vorwiegend Ni und Cr, sind so abgestimmt, dass im gesamten interessierenden Temperaturbereich ein stabil-vollaustenitisches Gefüge auftritt; Gitterumwandlungen kommen also nicht vor.
- Die Cr-Gehalte können zur Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit angehoben werden, üblicherweise zwischen 20 und 30 Gew.-%.
- Die Legierungsgehalte zur Mischkristallhärtung liegen insgesamt höher, weil die Löslichkeit im Austenitgitter höher ist.
- Die Zähigkeit ist besonders im Tieftemperaturbereich, der für Anfahrvorgänge von Anlagen kritisch sein kann, wesentlich höher.
Des Weiteren beziehen die austenitischen Stähle ihre Kriechfestigkeit aus der Teilchenhärtung mit Karbiden, Nitriden oder Karbonitriden sowie in einigen Fällen auch mit intermetallischen Phasen. Zwei Karbidarten dominieren: MC und M23C6. Eine Übersicht über die wesentlichen Karbidarten in Hochtemperaturlegierungen und ihre Merkmale, welche auch auf die anderen Basiselementgruppen übertragbar sind, gibt Tabelle 1. Karbide, die vorzugsweise an den Korngrenzen ausscheiden, behindern dort das Korngrenzgleiten. Mit den refraktären Legierungselementen Mo, W, und Nb kann sich in austenitischen Legierungen bei Gehalten ab ca. 1 Gew.-% die hexagonale Laves-Phase Fe2(Mo, W, Nb) ausscheiden, die den Kriechwiderstand erhöht.
Karbidtyp |
Merkmale |
|||
Zusammensetzung |
Gitter |
Entstehung und Löslichkeit |
Form |
|
MC |
M = Ti, Nb, Ta, seltener: Zr, V, Hf, W, Mo. C kann durch N substituiert werden; M(C, N) |
Kfz (WC u. MoC hex.) |
bilden sich als Primärkarbide bei der Erstarrung; schwer löslich, sehr stabil |
als Primärteilchen blockig bis chinesenschriftartig; als Ausscheidungen nach Auslagerung vorwiegend in der Matrix verteilt |
M7C3
(M:C=2,3) |
M = Cr mit Löslichkeit für Fe (bis ca.55 Gew.-%) und Ni |
Komplex hex. |
stabil bis ca. 1100-1150 °C; wandelt <1050 °C in M23C6 um; tritt auch bei hohen C-Gehalten auf |
oft blockig an Korngrenzen |
M23C6
(M:C=3,8) |
M = Cr mit Löslichkeit für Fe (bis ca.30 Gew.-%) und Ni, Co, Mo, W |
komplex kubisch |
stabil bis ca. 1050 °C; entsteht bei Wärmebehand-lungen, oft an Korngrenzen |
mögliche Formen: rundlich, lamellar, plattenf., als Film entlang der Korngrenzen |
M3C |
M = M1 + M2 zu ca. gleichen At.-Anteil: M1 = Mo, W M2 = Fe, Ni, Co |
komplex kubisch |
stabil bis ca. 1150 °C |
blockig, oft an Korngrenzen, seltener in Wildmannstättenform |